13. April 2023
Jan Beumelburg - 'ÖDE an die FREUDE' - Photo © matthes.photographie
„Jan Beumelburg wagt etwas, exponiert sich in seinen Bildern, macht sich verletzlich – aber er schaut auch mit einer gewissen Selbstironie auf sein Tun. Und in genau dieser Mischung aus Verstörung, Zartheit, Humor liegt die Stärke, die Poesie von Jan Beumelburgs Bildern – genau deshalb spürt, wer sich auf sie einlässt, „den Sprung in sich“, wie es einmal der Soziologe Heinz Bude mit Blick auf die Wirkmächtigkeit von Kunst formuliert hat.“
Zitat aus dem Text für den Flyer zur Ausstellung
von Odile Kennel / Lyrikerin, Übersetzerin (Berlin, Januar 2023)
Jan Beumelburg hatte rund 300 Werke für die Konzeption der Ausstellung ausgewählt. Bei jeder Wand der Kunsthalle Brennabor war dann das erste Bild „der entscheidende Strich“, der darüber entschied, welche Grafik, welche Malerei, welche Photographie an genau dieser Wand gezeigt werden sollte. Es entstand so während der Aufbauphase aus der Grundkonzeption Malerei – Grafik – Fotografie mit den gemalten Mensch-Raum-Beziehungen, Portraits, Aktbildern, Landschaften, den melankomischen Kochkarten und Monotypien eine der vielseitigsten Bilderschauen, die die Kunsthalle Brennabor in den letzten Jahren von einem einzelnen Künstler präsentierte.
So wird der Besucher begrüßt mit dem mittigen Anblick der großen Wand im Hintergrund der Kunsthalle: der Titel der Ausstellung scheint uns fast giftgelb entgegen und gegen alle Gewohnheiten sonstiger Präsentationen rahmt Kleinteiliges inhaltlich die „ÖDE an die FREUDE“. Da ist der nicht gleich zu identifizierende Vogel - die Möwe - die sich im Flug die Augen vor der Welt zuzuhalten scheint, da blickt uns eine junge Frau rücklinks an und wir wissen nicht, spürt sie Glück oder Verzweiflung, links neben ihr fällt eine Frau nach hinten wie in Trance, schreckt zurück oder wirft sich der sich auftürmenden Welle entgegen, ganz rechts außen schaut ein Mann nachdenklich angewidert in sich versunken weg und wäre das nicht schon genug, präsentiert uns als Einleitung zum Titel eine nackte Junge breitbeinig wolllüstig den Ursprung der Welt. Welche Freude, welche Öde, welche Gegensätze, welche Fragen.
Beumelburg ist kein politischer Künstler, kein neumodischer Aktivist, der hinter Metaphern seine Kritik an der Welt versteckt. Er sieht schon immer sehr konkret und real auf unsere Welt und verbindet in seiner Kunst gesammeltes Zurückgelassenes aller Art mit den Visionen seiner Überlegungs- und Überlebenserlebnisse.
Die Zweifel an der Welt und dem eigenen Tun treiben den Künstler Beumelburg an, sein Werk weiterzuentwickeln, nicht auszuruhen auf Erreichtem, immer auch die Ahnung der Endlichkeit des Menschseins im Blick, mahnt er zur Freude, die doch Öde gebiert, beschreibt er Ödes und erzeugt doch Freudiges: KUNST.
Kein Element in seinem Werk dient der bloßen Dekoration, die Dinge müssen sich thematisch ästhetisch fügen. Ob in den Landschaften, durch die noch ein Windrest weht (‚Winterwald‘ 2023), die Vögel, die gerade das Terrain verlassen und damit völlige Stille hervorgerufen haben (‚Zwielicht 2016‘), die mit leichter Hand und Tusche gemalten 40 Portaits der Chinesen ebenso, wie das „feste“ Bildnis Gregor Gysis, die oft aus den Bildern gehenden (oder vielleicht besser fliehenden) Menschen, bis hin zu den Aktbildern – nirgends absichtslose Kringel, nie sich unpassend aufdrängende, nach Aufmerksamkeit heischende (Fehl)Farben. Immer das Gesehene, das Erlebte, das Gedachte und das Gemeinte vereint im Bild. Und das auf höchst meisterhafte zeichnerische und malerische Qualität.
Die Bilder, Grafiken und Objekte Beumelburgs werden von Kunstfreunden und Sammlern sehr geschätzt und so ist es nicht verwunderlich, dass sie sich über ganz Deutschland sowie Norwegen, Italien, Frankreich, Großbritannien und den USA verteilt finden lassen. Einigen Sammlern von ihnen gilt an dieser Stelle großer Dank, haben sie doch mit der Unterstützung durch Leihgaben zum Erfolg dieser Ausstellung beigetragen. Abschließend bleibt für mich festzustellen, dass das Gesamtwerk von Jan Beumelburg längst in die Reihe der Künstler gehört, wie sie von Galerien wie Eigen + Art (Gerd Harry Lybke), CFA und Michael Werner vertreten werden, auch wenn sein Name (noch) nicht so bekannt ist, wie die von Peter Doig, Jonathan Meese, Daniel Richter, Tim Eitel, David Schnell …
Weiterführende Links
Website von Jan Beumelburg
VERWANDLUNGSAMT - Jan Beumelburg
KUNSTHALLE BRENNABOR
Odile Kennel bei lyrikline.org
Odile Kennel bei literaturport.de
Matti M. Matthes // April 2023